Fahrzeuge nach Modellwechsel 1982
Fehlersuche an der Bremsanlage

 
1. Anti-Blockier-System (ABS) - Wirkungsweise und Aufbau
Wirkungsweise
Grundlage des Bremsvorganges ist die Reibung
zwischen den Reifen und der Fahrbahnoberfläche.
Zum Bremsen muß der Reifen eine Reibungskraft
auf die Fahrbahn übertragen. Dabei stellt
sich ein Schlupf zwischen dem Reifen und der
Fahrbahnoberfläche ein, d. h. die Radumfanggeschwindigkeit
bleibt hinter der Fahrzeuggeschwindigkeit zurück.
Bild 730 34 112 zeigt den Zusammenhang
zwischen Reibungskraft und Schlupf für einen
typischen Fall bei trockener Fahrbahn. Im
schraffierten Bereich A erreicht die übertragbare
Bremskraft ihr Maximum. Das ist auch
der Regelbereich des ABS. Bei blockiertem
Rad, also bei 100% Schlupf, ist die Reibungskraft
in der Regel niedriger als bei noch rollendem Rad.
Das ABS muß daher den Bremsdruck im Radbremszylinder
gerade so bemessen, daß der
Schlupf in dem schraffierten Bild bleibt,
weil hier die höchste Reibungskraft zur Verfügung
steht.
Gleichzeitig verbleibt eine ausreichend hohe
Seitenführungskraft für die Lenkfähigkeit und
Richtungsstabilität.
Die Größe des Schlupfes, bei dem das Reibungskraft-
Maximum auftritt sowie die Größe der Reibungskraft
selbst, hängen wesentlich von den
Reifen (Bauart, Profil, Gummimischung), der
Fahrbahn (Material, Oberfläche, Nässe, Vereisung),
der Fahrgeschwindigkeit und dem Schräglaufwinkel
der Räder ab.
Das ABS erfaßt die augenblicklichen Reibungsverhältnisse
zwischen Reifen und Fahrbahn. Es stellt
sich auf jede Änderung im Fahrbahn-Reifen-Kraftschluß
automatisch ein und nutzt den
höchsten Reibungskoeffizienten aus, ohne das
Fahrzeug durch Blockierphasen ins Rutschen
oder Schleudern zu bringen.
Ungleichmäßige Reibungsverhältnisse zwischen
den einzelnen Rädern werden ebenso beherrscht
wie sprunghafte Änderung der Fahrbahnoberfläche
z. B. durch Eisplatten.
Brems- und Seitenkraft in Abhängigkeit des Schlupfes
A = ABS-Arbeitsbereich
B = Brems- und Seitenkraft
C = Bremskraft
D = Seitenkraft
E = rollendes Rad
F = Schlupf@@@
G = blockiertes Rad

73034112 - Zum Vergrößern klicken
 
Aufbau
Das ABS besteht aus den Komponenten Steuergerät,
Hydroaggregat, Impulsgeber und Kabelbaum.
Die Komponenten im einzelnen:
Impulsgeber
Zum Impulsgeber gehört jeweils ein Zahnrad,
das an der dauermagnetischen Schneide des
Impulsgebers vorbeiläuft und in den Radnaben
montiert ist.
Die Drehbewegung der Räder wird von induktiven
Meßfühlern erfaßt und das elektrische
Signal dem elektronischen Steuergerät zugeführt.
Elektronisches Steuergerät
Das elektronische Steuergerät wurde im Motorraum
untergebracht (an der Stirnwand).
In einem kleinen Mehrkanal-Elektronenrechner
werden aus den elektrischen Signalen der Impulsgeber,
die der Radgeschwindigkeit proportional
sind, Beschleunigungs-, Verzögerungs- und Schlupfgrößen
abgeleitet. Durch logische Verknüpfung dieser Größen
entstehen Steuerbefehel für die
elektromagnetisch betätigen Ventile im
Hydroaggregat.
Die Signalverarbeitung im Rechner bestimmt
das Regelverhalten des Systems. Durch Digitaltechnik
mit hochintegrierten Schaltungen wird die
erwartet hohe Zuverlässigkeit erfüllt.
Das Steuergerät enthält elektronische Überwachungsschaltungen,
die die Funktionsfähigkeit vor jedem Fahrantritt
und den ABS-Kabelbaum mit seinen Aggregaten
ständig während der Fahrt kontrollieren.
Wird vom Steuergerät im Kabelbaum oder im elektrischen
Teil der Aggregate eine Störung erkannt, schaltet die
Überwachungsschaltung des ABS ab und gewährleistet,
daß die normale Funktion der Bremsanlage
erhalten bleibt. Der Fahrzeuglenker wird durch eine
ABS-Kontrollampe im Armaturenbrett auf diesen Umstand
hingewiesen.
Hydroaggregat
Das Hydroaggregat befindet sich im Motorraum
und wurde in das konventionelle Bremssystem
eingefügt.
Das Hydroaggregat enthält für die Regelung des
Bremsdruckes in den Radbremszylindern Dreiwegeventile,
die drei Bremsdruckzustände zulassen.
Druckaufbau, Druckhalten und Druckabbau.
Diese drei Druckphasen passen sich in der Reihenfolge
und Länge den Erfordernissen der gewünschten
Regelcharakteristik und dem Kraftschluß
zwischen Fahrbahn und Reifen an. Im
Prinzip läuft der Regelvorgang wie folgt ab.
Sobald eine Radverzögerung oder der Schlupf
das Blockieren eines Rades ankündigt, wird zunächst
der Bremsdruck gleichgehalten. Neigt das Rad
weiterhin zum Blockieren, wird der Druck
solange abgesenkt, bis das Rad beschleunigt
oder die Schlupfgrenze wieder überschritten wird.
Anschließend wird der Druck wieder
angehoben, der Regelzyklus läuft von neuem ab.
Eine elektrisch angetriebene Rückförderpumpe
leitet die beim Druckabbau entnommene Bremsflüssigkeit
aus dem Radbremszylinder in den zugehörigen Bremskreis zurück.
Die Pumpe ist als Zweikolbenpumpe ausgeführt,
so daß die Bremskreise einer Zweikreis-Bremsanlage
völlig getrennt bleiben.
Kabelbaum
Das Steuergerät ist für die Signaleingabe und Befehlsausgabe
sowie zur Stromversorgung über einen besonderen
Kabelbaum mit den Drehzahlfühlern und dem
elektrischen Teil des Hydroaggregates verbunden.

 
2. Funktion und Überprüfung der ABS-Kontrollampe
Nach Einschalten der Zündung leuchtet die ABS-
Kontrollampe auf. Sobald der Motor anspringt,
muß die Kontrollampe erlöschen, wenn die ABS-Anlage
in Ordnung ist.
Der Vorgang wiederholt sich nach jedem Aus-
und Einschalten der Zündung.
Die Ursachen bei fehlerhafter Anzeige - Kontrollampe
leuchtet nicht, erlischt nicht oder
leuchtet während der Fahrt (auch gelegentlich)
auf - sind mit Hilfe des BMW-SERVICE-TEST
und eines Bremsenprüfstandes festzustellen.
Achtung!
Jeder angefangene Prüfschritt muß vollständig
durchgefahren werden; auf keinen Fall
unterbrechen.
Bei elektrischem oder elektronischem Defekt
im ABS schaltet das Steuergerät automatisch
auf "Normalbremse" um. Das heißt, es kann
weiterhin gebremst werden, jedoch ohne Regelung
(Blockieren der Räder möglich). Die
fehlerhafte Anlage wird durch ständiges Aufleuchten
der ABS-Kontrollampe im Armaturenbrett angezeigt.
3. Allgemeine Hinweise zu Reparaturarbeiten und zur Bremsanlage
Das ABS ist grundsätzlich wartungsfrei, jedoch
muß bei Arbeiten an Fahrzeugen mit ABS-Anlage folgendes beachtet werden:
a) Bei Schweißarbeiten mit einem elektrischen
Schweißgerät muß der Stecker vom elektronischen
Steuergerät abgezogen werden (Zündung ausgeschaltet).
b) Bei Lackierarbeiten darf das elektronische
Steuergerät kurzzeitig mit max. 95° C und
langzeit (ca. 2 Stunden) mit max. 85° C belastet werden.
c) Wenn die Batterie ausgebaut war, müssen nach
dem Wiedereinbau die Batterieklemmen an den
Endpolen der Batterie einwandfrei festgezogen
werden.
d) Nach Austausch des Hydroaggregates, des
Steuergerätes, der Impulsgeber und des Kabelbaumes
sowie nach Arbeiten, die die ABS-Aggregate berühren
(z. B. Unfallarbeiten), muß
die gesamte ABS-Anlage mit dem BMW SERVICE TEST
überprüft werden. Auf richtige Verlegung der Bremsleitungen
muß unbedingt geachtet werden.
e)Nach jedem Eingriff in die Bremsanlage muß
diese entlüftet sowie eine Nieder- und Hochdruckprüfung
durchgeführt werden. Alle Verbindungsstellen
sind auf Dichtheit zu überprüfen.

2834052 - Zum Vergrößern klicken